Kinder brauchen festen Rhythmus

STRASSBURG. „Same procedure as every year…“ – mit dem berühmten Satz aus „Dinner for One“ hat Arne Gericke, Europaabgeordneter der Familien-Partei, seine Rede zu der von ihm und der finnischen Grünen Heidi Hautala gemeinsam mit weiteren Kollegen initiierten Plenardebatte über ein Ende der Zeitumstellung eröffnet. Seit Jahren, so Gericke, appellierten Abgeordnete, Bürgerinitiativen und Fachleute an die Europäische Kommission, „den unsinnigen Uhrendreh zu beenden“. Auch die Brüsseler Beamten selbst, „können mir bislang keine stichhaltigen Gründe für die Beibehaltung liefern – beharren aber trotzdem auf dem status quo.“ Laut Gericke sprechen für eine Abschaffung auch gesundheits- und familienpolitische Aspekte: „Gerade Kinder sind Leidtragende der Zeitumstellung: Sie schlafen tagelang schlecht, sind unkonzentriert und quengelig.“  

Als Familienpolitiker stellt Gericke sich deswegen bereits seit seiner Wahl 2014 quer: „Ich lasse mich ungern immer vertrösten, von Pontius zu Pilatus schieben – es gibt Zuständigkeiten für die Zeitumstellung. Und diese liegen auf der europäischen Ebene.“ Er habe es langsam „satt, die Kopf-in-den-Sand-Taktik der EU-Kommission weiter zu erdulden: Immer wird den entscheiden Fragen ausgewichen und allgemeines Blabla zum Besten gegeben.“ dabei, so Gericke, sei seit Jahren klar: „Den energiepolitischen Vorteil der Sommerzeit gibt es nicht, hat es nie gegeben.“ Im Gegenteil: „Finanziell wird die Wirtschaft durch das zweimalige Uhren-Umstellen pro Jahr zusätzlich mit Millionenbeträgen belastet.“ Allein die Deutsche Bahn müsse bei der Zeitumstellung 120.000 Uhren berücksichtigen – angeblich nur die Hälfte davon Funkuhren.

Gestresst, so Gericke, seien vom Uhrendreh vor allem aber auch Familien und Kinder: „Babies kennen keine Uhr. Wenn sie im Winterrhythmus um 6 Uhr wach wurden, räkeln sie sich im Sommer um 5 Uhr. Zum Leidwesen der Eltern.“ Ähnlich sei es mit Schulkindern: „Sie leiden – wissenschaftlich nachgewiesen – oftmals Tage unter der Umstellung, sind unkonzentriert, gereizt und quengelig.“ Auch komme es gehäuft zu Verkehrsunfällen: „Denn auch die Erwachsenen sind gestresst vom sinnlosen Stundenschieben.“

Unzufrieden ist Gericke mit der Antwort der EU-Kommission auf seine offizielle Parlamentarische Anfrage. Darin umgingen die Brüsseler Beamten jede Antwort mit der Aussage, eine „Studie führte zu dem Ergebnis, dass eine nicht harmonisierte Anwendung der Sommerzeit in der Europäischen Union erhebliche Unannehmlichkeiten und Störungen für die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen nach sich ziehen würde. In Anbetracht der vorstehenden Überlegungen hat die Kommission derzeit nicht die Absicht, die Richtlinie 2000/84/EG zu überarbeiten oder aufzuheben.“ Nur: Danach hatte Gericke gar nicht gefragt: Vollkommen ignoriert wird Gerickes Ansatz einer einheitlichen Abschaffung des Uhrendrehs.

Aber Gericke will nicht locker lassen. Viel zu oft schon, so der 50jährige Europaabgeordneten aus Rostock, hätten ihn Bürger diesbezüglich angeschrieben, ihre Probleme als Mütter und Väter geschildert. Gericke überlegt nun den Weg einer Europäischen Bürgerinitiative: „Dazu müssten 1 Million Menschen in Europa unterschreiben und sagen, sie haben den sinnlosen Uhrendreh satt.  Ich kann mir gut vorstellen, dazu – gemeinsam mit Partnern – eine breite Koalition gegen die Zeitumstellung zu schmieden.“