Sie stellten das Programmierprojekt „Coding Kinds“ bei einer Pressekonferenz im Lessing-Gymnasium vor (von links): Sarah Bertleff, Gesa Niehues, Dr. Martin Bader, Dr. Ansgar Batzner, Karina Schumacher, Jessica Niznik, Sonja Seger (Referentin der Bildungsregion Landkreis Neu-Ulm) und Martina Berroth von der Bürgerstiftung der Sparkasse Neu-Ulm – Illertissen. Vorne: Roboter „Wall-E“, den die Robotik-AG des Lessing-Gymnasiums durch Computerprogrammierung in Bewegung versetzt.
Schulamtsdirektor Dr. Ansgar Batzner holt Programmierer an alle 35 Grundschulen im Landkreis Neu-Ulm – Freiwillige Kurse für interessierte Viertklässler, die „Coding Kids“
Die Bildungsregion Landkreis Neu-Ulm hat zwei Förderschwerpunkte: Sprache und MINT. Das Kürzel steht für: Mathematik – Informatik – Naturwissenschaften – Technik. Gerade in diesen Fächern hat Deutschland, das für seine Ingenieurskunst weltberühmt ist, Nachholbedarf. Beim Nachwuchs hapert es am technischen Tüfteln, Konstruieren und Entwickeln. Andere Länder drohen uns an Erfindungsreichtum den Rang abzulaufen. Das darf nicht sein, wir müssen etwas dagegensetzen, sagte sich Dr. Ansgar Batzner, Schulamtsdirektor und Vorsitzender der Kompetenz-Akademie Neu-Ulm, und ersann das Projekt „Coding Kids“.
Im Laufe dieses und des nächsten Schuljahres sollen an allen 35 Grundschulen im Landkreis Neu-Ulm Programmierkurse für interessierte Viertklässler abgehalten werden. „Wir sind damit deutschlandweit der erste Landkreis, der Computerprogrammierung flächendeckend in der Grundschule anbietet“, betont Dr. Batzner.
Etwa 20.000 Euro beträgt das Budget für das Vorhaben. Das Geld kommt von Sponsoren: vor allem von der Bürgerstiftung der Sparkasse Neu-Ulm – Illertissen, von der Bildungsregion Landkreis Neu-Ulm und der Kompetenz-Akademie Neu-Ulm. Weitere Unterstützer sind – auch durch Tutoren – die Industrie- und Handelskammer (IHK) Neu-Ulm, der Arbeitskreis (AK) Schule – Wirtschaft Neu-Ulm, das Staatliche Schulamt Neu-Ulm, die Hochschule Neu-Ulm und das Lessing-Gymnasium Neu-Ulm.
Dessen Schulleiter Dr. Martin Bader, zugleich Vorstandsmitglied der Kompetenz-Akademie, entwickelte mit vier seiner Schülerinnen das Unterrichtskonzept „Programmieren für Grundschüler der 4. Jahrgangsstufe“. Die Elftklässlerinnen Karina Schumacher, Gesa Niehues, Sarah Bertleff und Jessica Niznik – alle amtierende Robotik-Weltmeisterinnen – werden für die „Coding Kids“ auch als Tutorinnen zur Verfügung stehen. Insgesamt will Dr. Batzner 60 bis 80 Tutoren von Schulen, Hochschulen und aus der Wirtschaft gewinnen, welche die über 100 geplanten Programmierkurse leiten sollen.
Ein Kurs soll etwa 12 Viertklässler und zehn Doppelstunden umfassen. Der freiwillige Wahlunterricht wird in der Regel an einem Wochentag jeweils nachmittags oder samstags stattfinden. Den Auftakt macht am 12. November die Grundschule Neu-Ulm – Offenhausen. „Von unseren insgesamt 40 Viertklässlern haben sich bis jetzt 30 angemeldet. Das Interesse ist also riesengroß“, berichtet Rektorin Cäcilia Tremmel-Wiringer.
Die Eltern scheinen demnach keine Sorge zu haben, dass ihr Sprössling nun noch mehr Zeit sinnlos vor dem Computer verbringt. Das brauchen sie auch nicht zu haben, beruhigt Dr. Batzner: „Wir schulen die digitale Kompetenz, die Kinder verbringen also sinnvolle Zeit vor dem PC oder Laptop.“ Dr. Bader bestätigt: „Die Kinder lernen etwas Sinnvolles, wovon sie in ihrem weiteren Bildungs- und Berufsleben profitieren werden, und sie werden auch Freude daran haben.“ Prof. Dr. Dany Meyer, die Computer Science an der Hochschule Neu-Ulm unterrichtet, hat ebenfalls nur gute Worte für „Coding Kids“: „Das ist ein ganz hervorragender Ansatz.“ Wer früh mit abstraktem Denken vertraut gemacht werde, das beim Programmieren gefordert ist, der tue sich später leichter.
Für die ersten, spielerischen Kontakte mit Programmierung eignet sich besonders die webbasierte und visualisierte Programmiersprache Scratch. Man erziele schnell Erfolge und das motiviere, außerdem könne man nach Kursende leicht zu Hause weiterprogrammieren und sich übers Internet mit Gleichgesinnten austauschen, erläutern die Tutorinnen des Lessing-Gymnasium die Vorzüge von Scratch. Prof. Dr. Meyer ergänzt: „Wer die Grundprinzipien des Programmierens mittels Scratch begriffen hat, der kann auch komplexere Programmiersprachen wie C, Java oder Visual Basic gut erlernen.“
Dass das ein Fortschritt ist, daran lässt Dr. Batzner keinen Zweifel: „Programmieren ist auf dem Weg zu einer grundlegenden Kulturtechnik wie Lesen, Schreiben und Rechnen.“ Es gebe immer weniger Berufe, in denen man ohne digitale Kompetenz und Technikaffinität auskomme.