Schülerinnen und Schüler lernen „geschlechtsuntypische“ Berufe am Universitätsklinikum und der Uni Ulm kennen
Kinder, die schon immer einmal wie eine echte Chirurgin nähen oder in der Klinischen Chemie ihre eigene Blutgruppe bestimmen wollten, hatte am Donnerstag, 26. April, Gelegenheit dazu. Anlässlich des Girls‘ and Boys‘ Days besuchten an diesem Tag insgesamt 95 Schüler*innen ab der 5.ten Klasse das Universitätsklinikum und die Universität Ulm. Einen Vormittag lang konnten sie dort verschiedene Berufe kennenlernen, die typischerweise entweder von Männern oder von Frauen ausgeübt werden. Ziel des bundesweiten Aktionstages ist es, Klischees bei der Berufswahl abzubauen und einer ungleichen Geschlechterverteilung entgegenzuwirken.
„Stereotypische Geschlechterrollen prägen Mädchen und Jungen von klein auf und beeinflussen sie nachhaltig bei ihrer späteren Berufswahl. Diese fällt dann oftmals ‚geschlechtstypisch‘ aus“, erklärt Barbara Klingler-Volswinkler, die den Aktionstag am Universitätsklinikum organisiert. „So gibt es beispielsweise kaum männliche Erzieher und immer noch weniger Chirurginnen als Chirurgen – und dass, obwohl junge Frauen im Schnitt über eine bessere Schulbildung verfügen und häufiger studieren als Männer.“ Dieser ungleichen Verteilung wolle das Universitätsklinikum Ulm zusammen mit der Universität mit der Teilnahme am Girls‘ and Boys‘ Day entgegentreten.
Das Programm des Universitätsklinikums umfasste acht Angebote in verschiedenen Kliniken und Berufsfeldern. Interessierte Jungen konnten etwa in den Beruf des Erziehers hineinschnuppern oder herausfinden, worauf es bei den Gesundheitsberufen im OP ankommt. Viel Fingerspitzengefühl bewiesen die Teilnehmer in der Klinischen Chemie, wo sie Näheres über die Arbeit Medizinisch-technischer Laboratoriumsassistenten erfahren konnten, die täglich Körperflüssigkeiten wie Blut und Urin analysieren oder Proben menschlichen Gewebes für die Untersuchung vorbereiten.
Die teilnehmenden Mädchen erfuhren unter anderem, was die Arbeit einer Chirurgin in der Allgemein- und Viszeralchirurgie im Universitätsklinikum Ulm ausmacht und welche Voraussetzungen sie dafür erfüllen sollten. Wie DNA repariert oder repliziert werden kann, lernten die Schülerinnen von Professorin Lisa Wiesmüller, der sie bei ihrer Arbeit im Forschungslabor der Sektion Gynäkologische Onkologie über die Schulter schauten.
„Ich habe mich noch nie wirklich mit dem Thema Medizin beschäftigt und hatte keine genaue Vorstellung davon, was mich hier erwarten wird“, sagt eine der Teilnehmerinnen. „Nach dem heutigen Tag kann ich mir aber sehr gut vorstellen, einmal im medizinischen Bereich zu arbeiten. Besonders spannend fand ich es, einmal live eine echte Operation beobachten zu dürfen und zu lernen, wie Wunden professionell vernäht werden.“
Sehr technisch ausgerichtet sind die Berufe der Medizin-Informatikerin und der Medizin-Technikerin, die ebenfalls vorgestellt wurden. An der Universität Ulm hatte Dr. Annette Wettstein vom Zentrum für Allgemeine Wissenschaftliche Weiterbildung die Angebote organsiert, welche auch dazu dienen sollten, bei den Kindern bereits aufgebaute Hemmschwellen zu mindern. Hier konnten die Teilnehmerinnen unter anderem in einem Lötworkshop einen eigenen „Fernsehausknipser“ basteln und mehr über technische Ausbildungsberufe und -studiengänge wie zum Beispiel die Fachinformatik erfahren. „Wir freuen uns, dass wir den Jungen und Mädchen dieses Jahr wieder zehn Angebote zur Auswahl stellen konnten, die sehr positiv aufgenommen wurden. Meine Kolleginnen und Kollegen am Universitätsklinikum und an der Uni haben viel Zeit und Mühe in die Entwicklung der Angebote gesteckt. Dafür möchten wir ihnen ganz herzlich danken“, betont Barbara Klingler-Volswinkler.
Der Girls‘ and Boys‘ Day soll dazu beitragen, die Berufschancenchancen der Teilnehmenden in zukunftsträchtigen Berufsfeldern zu verbessern, in denen sie bisher unterrepräsentiert sind. Bei Mädchen sind dies vor allem technologische und naturwissenschaftliche Berufe, bei Jungen sind es besonders Berufe aus dem sozialen, erzieherischen und pflegerischen Bereich.
Foto: Teilnehmerinnen beim Vernähen von Wunden an einem Dummy-Arm (Quelle: Universitätsklinikum Ulm)