Märchen von Schulkindern aus Schwaben

Im „märchenhaften Schreibwettbewerb“ von Schloss Höchstädt sind Rosalie Bantje (9 Jahre) aus Lauingen, Elias Ben Falkenstein (9 Jahre) aus Holzheim und Helena Zucker (10 Jahre) aus Höchstädt ausgezeichnet worden. Eine Auswahl besonders gelungener Geschichten ist auch im Internet zu hören, erzählt von der Bayerischen Landessiegerin beim Vorlesewettbewerb des Deutschen Buchhandels 2019, der 13jährigen Anna Denzler aus Günzburg.

Höchstädt (pm). Eigentlich ist´s wie im Märchen. Auf Schloss Höchstädt hielt seit Wochen das böse Corona-Virus die neue Ausstellung „Märchenhafte Kinderbuchhelden“ in seinem Bann: Es war wie verhext, niemand durfte hinein, niemand kam heraus, alles ruhte… Um Kindern die lange Wartezeit bis zur mittlerweile erfolgten Eröffnung zu vertreiben, dachte sich Ausstellungsmacherin Stefanie Kautz kurzerhand einen „Märchenhaften Schreibwettbewerb“ für Schülerinnen und Schüler (bis 16 Jahre) aus.

Wirklich tolle Einsendungen: fantasievoll, witzig und spannend

Im Nu war der Zauber gebannt: Rund 20 Schulkinder in Schwaben erinnerten sich daraufhin an Märchen, die sie erzählt bekommen oder selbst gelesen haben, schmückten sie aus oder erfanden eigene Geschichten. „Wir staunten nicht schlecht über die vielen, vielen selbstgeschriebenen Märchen, die uns erreicht haben“, begeistert sich Stefanie Kautz: „Sie handeln nicht nur von wundersamen Fröschen, zauberhaften Prinzessinnen, verführerischen Lebkuchenhäusern, freundlichen Zwergen und sprechenden Spiegeln, sondern auch von traurigen Hunderittern, leider allzu dämlichen Hexen oder von Engeln, die auf einer Haihaut-Lederflöte von den Haien im Bernsteinsee musizieren.“

Phantasiereisen in Zeiten von Reiseverbot

„Die netten Begleitschreiben, die uns mit den Geschichten erreicht haben, machen Mut und verbreiten positive Stimmung in schwierigen Zeiten“, so Stefanie Kautz. „Mit den Worten: „Ui, darf man da auch eine Rittergeschichte schreiben?“ war unser Sohn Elias (Asperger Autist) vier Tage begeistert damit beschäftigt, seine Geschichte zum Leben zu erwecken und dazu auch Bilder-Büchlein zu gestalten“, schreibt uns seine Mutter Daniela Falkenstein. „Er ist ein absoluter Ritterzeit-Fan. Wir danken Ihnen für die tolle Idee, denn somit konnten wir auf besondere Art und Weise viele Stunden zusammen eine Phantasiereise unternehmen, in der wir viel geredet und miteinander gelacht haben.“

Alle Geschichten sind Teil der Märchen-Ausstellung

„Es waren wirklich tolle Einsendungen darunter, manche mit ganz ungewöhnlichen kreativen Ansätzen, fantasievoll, witzig und spannend“, freut sich die Kuratorin, „aber die Wahl fiel uns furchtbar schwer“, bekennt sie, „am liebsten hätte ich allen gesagt, dass sie gewonnen haben.“ Alle eingesendeten Märchen-Beiträge sind in der Ausstellung präsentiert und somit ein Teil davon geworden. Eine Auswahl besonders gelungener Geschichten ist auch, beispielsweise als Gute-Nacht-Geschichte, im Internet zu hören unter: https://hoechstaedt.bezirk-schwaben.de/märchen . Erzählt werden sie von der Bayerischen Landessiegerin beim Vorlesewettbewerb des Deutschen Buchhandels 2019, der 13-jährigen Anna Denzler aus Günzburg.

Die drei Gewinnergeschichten sind besonders hervorgehoben. Alle jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhielten kleine Überraschungspakete, die drei ersten Plätze jeweils noch ein schönes Buch nach Wahl sowie eine VIP-Familienführung.

Die Ausstellung läuft bis Sonntag, 18. Oktober 2020.

Drei Leseproben aus den Gewinnergeschichten

Am meisten beeindruckt und für sich eingenommen haben Stefanie Kautz und ihr Team folgende drei Geschichten, die an dieser Stelle kurz vorgestellt werden:

Rosalie Bantje, 9 Jahre, aus Lauingen schreibt über: „Das große schwarze Etwas“, eine überbordend fantasievolle Geschichte, die durch ihre ungewöhnliche Erzählperspektive, einen tollen Ausdruck, gute Verknüpfung der einzelnen Elemente und viele wunderbar geschilderte märchenhafte Personen besticht.

Leseprobe aus „Das große schwarze Etwas“:

Eine Zeit lang geht ihr schweigend sehr tief in den Wald. Wie aus dem Nichts hört ihr plötzlich Geräusche. Ihr starrt wie gebannt auf die Stelle. Auf einmal springt ein grauer Drache aus dem Geäst, aber er ist noch ein Babydrache. „Quiep, ziep, piep, liep!“, kreischt das Drachenmädchen. Du versuchst Drachensprache zu lernen und auf einmal verstehst du sie und übersetzt: Die Kleine hat ihre Mutter verloren! Sie ist ein Klingenpeitschling. Du sagst: „Jetzt bin ich Deine Mutter ─ oder Dein Vater. Ich taufe Dich WILDFANG.“ Plötzlich hüpft sie auf deinen Rücken, sie schwingt ihre Flügel und du fliegst mit ihr durch die Luft. Der Engel zeigt der kleinen Wildfang Flugtaktiken und schon bald saust ihr fünfmal um den Vulkan. Du landest wieder, pflückst Kräuter, Heilkräuter und Beeren und erlegst fünf Wildschweine…..

Helena Zucker, 10 Jahre aus Höchstädt schreibt über „Das Geheimnis der Apfelblüte“, eine witzige Geschichte, bei der die böse Hexe leider zu dämlich zum Zaubern ist und die sonstigen Hauptpersonen nicht die üblichen Verdächtigen, sondern die Bewohner eines netten kleinen Städtchens und blühende Bäume sind.

Leseprobe aus „Das Geheimnis der Apfelblüte“:

Es war einmal…eine kleine Stadt mit einem Schloss und einer wunderschönen Kirche. Die Einwohner liebten die Stadt. Aber da gab es eine Zauberin. Sie nannte sich Ursula und wohnte in einem kleinen Häuschen im Wald außerhalb der Stadt. Sie war neidisch auf die Stadtbewohner, weil ihre Bäume so schöne Blüten bekamen, aus denen wunderbar saftige Äpfel wuchsen. Ihre hingegen hatten keine einzige schöne Blüte und nur ekelhaft schmeckende Äpfel. Deswegen beschloss sie einen Plan zu schmieden, dass ihre Bäume wachsen und schöne Blätter bekommen und dass die Bäume der Stadt kahl und hässlich werden. Als sie damit fertig war, ging sie in ihren Keller und holte ihr altes, staubiges Hexenbuch hervor, um nach einem Zauberspruch zu suchen….

Elias Falkenstein, 9 Jahre wohnt in Holzheim und ließ sich die Geschichte mit dem „Hunderitter und dem Geisterritter“ einfallen. Sie spielt im Schloss Höchstädt. Ein Ritter, Geister, Reime, die Suche nach dem Schwert, einfach alles, was eine gute Gruselspukgeschichte ausmacht, hat Elias reingepackt.

Leseprobe aus „Der Hunderitter und der Geisterritter“:

Der Hunderitter und der Geisterritter. Zeichnung von Elias Falkenstein, Grafik Daniel Beiter

Auf einmal hörten sie ein Knarren und Quietschen. Die große, schwere Holztüre des Schlafgemachs öffnete sich langsam und der Graf bekam es mit der Angst zu tun und zog sich zitternd die Decke übers Gesicht. Hund Jakob kroch winselnd unter das Bett. Ein Geist schwebte erbärmlich wimmernd herein und flog im Zimmer verwirrt umher. Mutig und zugleich ängstlich spitzelte Max unter seiner Decke hervor und sah den verzweifelten Geist. Da er nicht böse zu sein schien, fragte er mit zittriger Stimme: „Wwww….was willst du hier? Wer bist du?“ Kunibert sprach seufzend: „Ritter Kunibert mein Name. Ich suche mein Schwert, mein Schwert – welches mich als Ritter so ehrt“….