„Ein Licht anzünden, statt über die Dunkelheit schimpfen“

Jede Mutter und jeder Vater weiß, dass Erziehung nicht nur mit Lust, sondern auch mit Frust verbunden ist. Kinder können einen zur Weißglut bringen, wer hätte das noch nicht erlebt. Dennoch ist es der größte Erziehungsfehler, sie als Person abzuwerten. Das stellte Dr. Thomas Fuchs beim diesjährigen Großen Erziehungsvortrag für Eltern, Lehrer und Erzieher heraus. Gemeinsame Ausrichter waren wieder das Bildungszentrum Kloster Roggenburg, die Bildungsregion Landkreis Neu-Ulm und die Volkshochschule im Landkreis Neu-Ulm.

Der Kinder- und Jugendpsychologe sowie klinische Verhaltenstherapeut aus Schwäbisch Gmünd hat zusammen mit seinem Co-Autor Jens Corssen das Buch „Familienglück“ geschrieben. Im Untertitel heißt es auf dem Umschlag: „Wie wir durch Anerkennung eine erfüllte Eltern-Kind-Beziehung erreichen.“

Mit viel Humor, Esprit und Expertise gab Fuchs, der selbst drei Töchter im Teenager-Alter hat, seinen rund 200 Zuhörerinnen und Zuhörern viele wertvolle Tipps mit in den Familienalltag. Kinder, so sagte er, seien „wie eine CD, auf der alles einbrennt, sie haben keine Schutzschicht“. Damit sie sich seelisch gesund entwickeln, müssten ihre vier Grundbedürfnisse beachtet werden: Erhöhung ihres Selbstwertgefühls; Kontrolle über das eigene Leben; Lustgewinn und Unlustvermeidung; Bindung zu den Eltern. Letztere, so Fuchs, dürfe nicht von der Leistung des Kindes abhängig gemacht werden. Unter allen Umständen müsse verhindert werden, dass in der Familie „das Seelenband zerreißt“.

Ein Kind sehne sich nach Geborgenheit, es wolle aber selbst Einfluss auf sein Leben nehmen. „Dazu gehört auch, nicht alles abgenommen zu bekommen“, schreibt Dr. Fuchs in seinem Buch, das im vorigen Jahr erschienen ist. Entscheidend sei, ihm das Gefühl zu vermitteln, dass man es liebt, auch wenn es sich daneben benimmt. Fehlverhalten sei sehr wohl zu tadeln, dabei dürfe aber das Kind nicht herabgewürdigt werden, mit Sätzen wie: „Du bist das Letzte!“ oder „Womit habe ich ein solch schreckliches Kind verdient!“

Statt auf den Schwächen des eigenen Nachwuchses herumzureiten, sollten vielmehr seine Stärken gefördert werden. „Wenn die Eltern immer dunkel denken, dann nimmt die Seele ihres Kindes auf Dauer die Farbe ihrer Gedanken an. Und entsprechend verhält es sich“, so Fuchs. Er hielt die Mütter und Väter an, ihren Kindern ein gutes Beispiel zu geben. Dazu gehöre, ihnen Anerkennung zu zeigen, sie aber auch konsequent zu sanktionieren, wenn die Kleinen über die Stränge schlagen: „Regelverstöße müssen bestraft werden.“ Die Eltern sollten „sofort und entschieden reagieren“, aber dabei unbedingt die Verhältnismäßigkeit der Mittel wahren. Die Konsequenzen seien richtig zu dosieren. Sie müssten umsetzbar sein und anderen Erziehungszielen nicht zuwiderlaufen.

Klare, positiv formulierte Regeln für die Sprösslinge aufzustellen und ihnen Grenzen zu setzen, davon hält Fuchs sehr viel. Es dürften aber nur einige wenige, nicht zu detaillierte Normen sein, wie etwa: „Wir gehen freundlich miteinander um.“ Demokratie in der Familie sei gut, sie dürfe aber „nicht so weit gehen, dass abgestimmt wird, wer die Eltern sind“.

Eine positive Grundstimmung hält Fuchs für die wichtigste Voraussetzung für das Familienglück. Er empfahl den Eltern Gelassenheit: „Man muss es sich nicht schwerer machen, als es tatsächlich ist.“ Gift seien übersteigerte Erwartungen. Wenn die Tochter oder der Sohn einfach nicht den elterlichen Vorstellungen entspreche, dann – so Fuchs bildhaft – „ist es besser ein Licht anzuzünden, als auf die Dunkelheit zu schimpfen“. Will heißen: Sich selbst ändern – zum Beispiel, indem man sich nicht länger als Opfer begreift – verspricht mehr Erfolg, als beim anderen eine Veränderung erzwingen zu wollen.