Seit 1. Juli dieses Jahres werden die Kosten für genetische Bluttests unter bestimmten Voraussetzungen* von den Krankenkassen übernommen.
Die Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen und Familienplanung in Ulm weist darauf hin, dass es sich dabei nicht um diagnostische Tests, sondern um Screenings handelt, also Vorhersagen aufgrund von statistischen Berechnungen. Gezielt werde dabei im Blut der Mutter (möglich ab der 10. Schwangerschaftswoche) nach kindlichem Erbgut aus der Plazenta gesucht, an dem sich Chromosomenveränderungen erkennen lassen. Die Beraterinnen Verena Spägele und Narcisa Koch der Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen in Ulm sind skeptisch: „Der Test hat für sich keinen medizinischen Nutzen, er bietet keine Therapie und ist deshalb auch keine Vorsorgeuntersuchung. Es wird ausschließlich nach den Trisomien 13, 18 und 21 gesucht“. Da die Krankenkasse diese Tests nun bezahle, sei zu befürchten, dass Schwangere diese Leistung automatisch in Anspruch nehmen, nach dem Motto: „Wenn’s die Kasse zahlt, muss es notwendig sein“. Die Schwangeren gerieten unter Rechtfertigungsdruck, wenn sie den Test nicht machen ließen, und bei Auffälligkeiten möglicherweise in Bedrängnis, die Schwangerschaft abzubrechen; Behinderung werde als grundsätzlich vermeidungswürdig dargestellt. Eine sukzessive Erweiterung der Indikationen sei absehbar, befürchtet Verena Spägele; der frühe Test senke obendrein die Schwelle zum Abbruch – und das, obwohl kein Test ein hundertprozentig sicheres Ergebnis liefere. Die Falsch-Positiv-Rate liege zwar nur zwischen 0,04 und 0,06 Prozent. Allerdings: je jünger die Schwangere ist, desto geringer ist die Aussagekraft des Tests, da je nach Alter mehr als 50% der Testergebnisse falsch-positiv sind.
Einen wesentlichen Vorteil habe die Blutuntersuchung gegenüber den invasiven Methoden -Fruchtwasseruntersuchung und Amniozentese: Die Blutuntersuchung kann keine Fehlgeburten hervorrufen. Ein auffälliges Ergebnis muss allerdings dann doch über eine invasive Untersuchungsmethode abgesichert werden.
Demgegenüber steht jedoch, dass der angebotene Bluttest ausschließlich die genannten Chromosomenstörungen nachweist. Der Test trifft keine Aussage über weitere genetische Abweichungen oder organische Auffälligkeiten, die möglich sind. Der frühe Testzeitpunkt und das schnelle Ergebnis, so befürchten die Beraterinnen, „können zudem zu Abbrüchen innerhalb der 12-Wochen-Frist ohne Bestätigung durch invasive Diagnostik und medizinische Indikation führen“.
Die Schwangerenberatungsstelle rät Schwangeren daher, sich ausführlich über den Bluttest aufklären und beraten zu lassen, bevor sie ihn in Anspruch nehmen. „Es ist wichtig, sich vor dem Test klarzumachen: Was würde es für mich bedeuten, wenn mein Testergebnis auffällig ist?“, sagt Narcisa Koch, denn: „ist das Wissen einmal in der Welt, kann es nicht mehr zurückgenommen werden“. Aufgabe der Schwangerenberatung ist es, die Schwangeren und Paare über ihre Rechte und Möglichkeiten aufzuklären (einschl. des Rechts auf Nichtwissen) und sie darin zu bestärken, eine individuelle, umfassend informierte Entscheidung zu treffen.
Mehr Informationen rund um das Thema Pränataldiagnostik finden Sie unter www.pnd-beratung.de
*Die Krankenkasse übernimmt die Kosten für den Bluttest bei einem auffälligen Ultraschall oder wenn „eine Frau gemeinsam mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt zu der Überzeugung kommt, dass der Test in ihrer persönlichen Situation notwendig ist“. Das Alter der Mutter allein – der bekannteste Risikofaktor für eine Trisomie – ist kein Anlass für einen Bluttest.
Beratungsstellen für Schwangere:
Beratungsstelle f. Schwangerschaftsfragen und Familienplanung e.V., Schwambergerstr. 35, Ulm, Tel. 0731 96857-0, www.schwangerschaftsfragen.de, Tel. 0731 96857-0, E-mail: info@schwangerschaftsfragen.de, Anmeldezeiten: Mo-Fr 8.30-12 Uhr, Mo, Di, Do 13.30-16 Uhr
Kath. Schwangerschaftsberatung, Caritas Ulm-Alb-Donau mit Außenstelle Ehingen, Ulm: Olgastraße 137, Tel. 0731 2063-20; Ehingen: Hehlestr. 2, Tel. 07391 7073-14
Staatlich anerkannte Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen, Landratsamt Neu-Ulm, Kantstr. 8, Info u. Terminvereinbarung: Tel. 0731 7040-5210 o. -5211 (Mo.-Fr. 7.30-12.30 Uhr, Do., 7.30-17.30 Uhr). – Außensprechtage in Illertissen und in Weißenhorn mit Anm., Tel. s.o.
Staatlich anerkannte Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen, Donum Vitae, Heinz-Rühmann-Str. 7, Neu-Ulm, Tel. 0731 2077877, E-Mail: neu-ulm@donum-vitae-bayern.de
Sozialdienst katholischer Frauen Neu-Ulm, Johannesplatz 2, Neu-Ulm, Tel. 0731 86133; E-Mail: neu-ulm@skf-augsburg.de