Jedes vierte Schulkind psychisch auffällig

Foto: DAKA lovely brunette woman with striking blue eyes thinking about something, looking a little sad.

Bei mehr als einem Viertel aller Schulkinder hat eine Studie der Universität Bielefeld in Mecklenburg-Vorpommern im Auftrag der DAK psychische Auffälligkeiten festgestellt. Zwei Prozent aller Jungen und Mädchen zwischen zehn und 17 Jahren leiden an einer diagnostizierten Depression, 2,3 Prozent unter einer Angststörung. Das listet der aktuelle Kinder- und Jugendreport der DAK-Gesundheit „Ängste und Depressionen bei Schulkindern“ auf. Mädchen sind demnach dreimal so häufig von Depressionen und fast doppelt so häufig von Angststörungen betroffen wie Jungen. Die Zahlen sind deutschlandweit vergleichbar. Im ganzen Bundesgebiet wurden ebenso wie in Mecklenburg-Vorpommern jedes 13. Schulkind mit einer diagnostizierten Depression stationär behandelt. Nach der Entlassung fehle aber oft eine passende ambulante Nachsorge.

Im Auftrag der DAK-Gesundheit hat die Universität Bielefeld die Gesundheits- und Versorgungssituation von Jungen und Mädchen in Mecklenburg-Vorpommern umfassend untersucht. Die repräsentative Studie mit Abrechnungsdaten aus 2016 und 2017 nimmt insbesondere die seelische Gesundheit von Jungen und Mädchen in den Fokus. „Wir wollen das Tabu brechen, das psychische Erkrankungen noch immer umgibt“, sagt Sabine Hansen, Leiterin der DAK-Landesvertretung in Mecklenburg-Vorpommern. „Die betroffenen Kinder leiden häufig über einen längeren Zeitraum für sich im Stillen, bevor sie sich jemandem anvertrauen und eine passende Diagnose bekommen. Wir müssen aufmerksamer werden – ob in der Familie, in der Schule oder im Sportverein – und nachhaltig helfen.“

Ängste und Depressionen treten auch parallel auf
27 Prozent aller Jungen und Mädchen in Mecklenburg-Vorpommern sind von einer psychischen Erkrankung oder Verhaltensstörung betroffen. Vor allem jüngere Schulkinder fallen am häufigsten durch Entwicklungsstörungen auf, zu denen Sprach- und Sprechstörungen gehören.  Auch Verhaltensstörungen, wie etwa ADHS sind verbreitet. Seltener, aber von hoher Relevanz für die Versorgung, sind affektive Störungen, zu denen auch die Depressionen gehören. Zwei Prozent aller DAK-versicherten Jungen und Mädchen im Alter von 10 bis 17 Jahren sind so stark betroffen, dass sie einen Arzt aufsuchen. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Häufigkeit der Diagnose „Depression“ in Mecklenburg-Vorpommern 2017 um sechs Prozent gestiegen. Mädchen leiden deutlich häufiger als Jungen. Mit einer diagnostizierten Angststörung kämpfen 2,3 Prozent aller Schulkinder. Hochgerechnet auf alle Kinder und Jugendlichen in Mecklenburg-Vorpommern entspricht dies etwa 4.700 mit Angststörungen oder Depressionen. Diese Störungsbilder treten auch parallel auf: Jeder sechste Junge mit einer diagnostizierten Depression hat parallel auch eine Angststörung. Bei den Mädchen ist es fast jedes vierte.

Depressionen und Angststörungen zählen nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu den schwerwiegendsten Leiden in der Gruppe der psychischen Erkrankungen. Depressionen sind gekennzeichnet durch Niedergeschlagenheit, Traurigkeit und Interessenverlust. Bei schweren depressiven Episoden haben die jungen Patienten Schwierigkeiten, ihre alltäglichen Aktivitäten fortzusetzen. Sie ziehen sich stark zurück, schaffen es kaum noch, in die Schule zu gehen. Bei Angststörungen ist der natürliche Angstmechanismus des Menschen aus den Fugen geraten. Die Betroffenen zeigen Reaktionen, die der jeweiligen Situation nicht angemessen sind und losgelöst von einer realen äußeren Gefährdung ablaufen.

Unterschiede zwischen Stadt und Land 
In Mecklenburg-Vorpommern lebt knapp ein Drittel der DAK-versicherten Kinder in städtischen Gemeinden. Die Studie zeigt, dass Stadtkinder eher Diagnosen für eine psychische Erkrankung bekommen als Gleichaltrige vom Land (plus 14 Prozent). Stadtkinder haben insbesondere im späten Jugendalter (15 und 17 Jahre) häufiger Depressionen (plus 67 Prozent). „Die Gründe für die beobachteten Zusammenhänge können an den unterschiedlichen Lebensgewohnheiten und Lebensbedingungen liegen. Für Stadtkinder existiert aber auch ein dichteres Angebotsnetz an niedergelassenen Fachärzten. Sie bekommen leichter Hilfe und damit auch eine passende Diagnose“, erklärt Sabine Hansen. 

Chronische Krankheiten steigern Risiko für Depressionen
Der Report zeigt erstmals auf Basis von Abrechnungsdaten, wie stark bestimmte Faktoren die Entwicklung eines Seelenleidens beeinflussen. So tragen Kinder mit einer chronischen körperlichen Erkrankung insbesondere im Jugendalter ein bis zu 4,5-fach erhöhtes Depressionsrisiko. „Dann belastet es, wenn man vernünftig sein muss und nicht so unbekümmert leben kann, wie körperlich gesunde Gleichaltrige“, so Hansen. Das familiäre Umfeld kann für die Entwicklung eines Seelenleidens ebenfalls ein Faktor sein: Kinder psychisch kranker Eltern sind deutlich gefährdeter (3-fach), selbst eine depressive Störung zu entwickeln. 

Grafik: DAK
Grafik: DAK