Märchenhafte Glitzerwelt in der Friedrichsau

In eine märchenhafte Glitzerwelt entführt der Circus Carl Busch seine Zuschauer. Noch bis Samstag gibt es täglich zwei Vorstellungen um15.30 und um 20 Uhr, die letzte Vorstellung ist am Sonntagnachmittag um 15 Uhr.

ElefantEine poetische Geschichte umrahmt die Vorstellung: Nach Obdachlosenmanier richtet sich ein Mann auf einer Parkbank ein, deckt sich mit einer Zeitung zu und schläft ein. Eine Zuckerfee schickt ihm einen Traum: Er ist ein kleiner Junge im tressenbesetzten Frack und dirigiert das Zirkusorchester, schaukelt dann unter dem Rüssel eines prächtigen Elefanten, verkleidet sich schließlich als Clown und schneidet lustvoll Grimassen.

Auch in der nächsten Nummer spielt ein Kind mit: Ein kleines Mädchen hält sich wacker auf einem sich aufbäumenden dalmatinerfarbenen Pony, während ein hübsches weißes Pferdchen über niedrige Hindernisse springt. Ein halbes Dutzend milchkaffeebrauner Zwergponys tobt anschließend durch die Manege und wirbelt dekorativ die Silberflocken auf, welche die Traumfee zurückgelassen hat.

Die groben Späße der Clowns kommen bei den Jüngsten weniger gut an: Sie heulen, als „Les Goty“ sich streiten, verhauen und Luftballons zum Platzen bringen. Die wirbelnden Silberkeulen der hübschen Jongleurin Sharon Berousek lenken sie zum Glück wieder ab, und sie überstehen die nächste Pausenclownstreiterei lange genug, um sich danach an den Pferden zu erfreuen: Ein leuchtendweißer Schimmel vorneweg, fünf Apfelschimmel hinterher traben im Kreis; sechs glänzende Rappen mit seidig gebürsteten Mähnen kommen dazu und führen mit den Schimmeln eine aufwendige Choreographie auf, dirigiert von der Juniorchefin Natascha Wille-Busch, die sich in schwarzer Hose und weißer Glitzerbluse passend gekleidet hat.

Nach einer weiteren Clowneinlage, die glücklicherweise mehr aus Zaubertricks als aus Streit besteht, kommt ein Seiltänzer, der diese Bezeichnung wahrlich verdient: Erik Niemen rennt, tanzt und springt auf dem Seil, ja sogar mit einem Springseil und über eine bestickte Fahne. Den Salto rückwärts zeigt er gleich dreimal, nur weil er mit den ersten beiden nicht zufrieden ist.

Rustam_Tsodikov-9113Das absolute Highlight kommt nach der Pause:  Der Strapaten-Artist Rustam Tsodikov zeigt an zwei Lederbändern hoch unter der Kuppel die perfekte Beherrschung seines ebenso perfekten Körpers in einer dramatischen Choreographie zu pathetischer Musik – eine mitreißende Kombination von Kraft, Ausdruck und viel Erotik – dafür allein schon wird Mama heute abend noch einmal in den Zirkus gehen!

Zur Abkühlung nach dieser heißen Show bespritzen die Clown sich gegenseitig und die Zuschauer auf den vorderen Plätzen mir Wasser.

Pferd_CarlBusch-Photo Stefan NolteRotierende Leuchtsonnen kündigen den Auftritt der mongolischen Kamele und Dromedare an, die zu einer exotischen Melodie recht eilig durch die Manege rennen, dabei den Anweisungen des Dompteurs Manuel Frank prompt Folge leisten und sich schließlich doch noch mit orientalischer Ruhe ihre Leckerlis abholen und zu einem fotogenen Ensemble gruppiert auf dem Boden niederlassen. Gleich darauf zeigt Natascha Wille-Busch auf einem sehr langmähnigen Schimmel (dem bloß noch ein Horn auf der Nase fehlt…) die Hohe Schule. Zu spanischen Klängen tänzelt das Pferd seitwärts, vorwärts und auf der Stelle und verbeugt sich zum Schluss mit einem Knicks.

In ihrem letzten Auftritt laufen „Les Gotys“ zur Hochform auf: Als Vögel „verkleidet“, die sich nur mit Pfiffen und Zwitschern verständigen, führen sie eine komplette Balz nach Menschenart auf, die mit nur einer Watsch’n auskommt und trotzdem die lustigste aller Nummern ist.

Die grazile Luftartistin Marina Borzova lässt sich in einem silbernen Ring an einem Seil bis unter die Kuppel hochziehen und turnt darin sehr anmutig herum. Auf dem Boden folgt das absolute Kontrastprogramm: Zwei Elefantinnen trotten herein, geleitet vom Juniorchef Manue Wille-Busch. Die größere, auf der sehr dekorativ Manuels Ehefrau, Jamena Wille-Busch, thront, steigt auf ein Podest und wieder herunter, setzt sich dann langsam auf das Podest, Vorderfüße in die Luft, Jamena steigt auf den linken Vorderfuß, der Dompteur stellt sich davor wie für ein Foto. Knipsen ist zwar nicht erlaubt, doch ins Gedächtnis lässt sich dieses Bild auch sehr gut einprägen. Unvergesslich auch, wie die indische Elefantin vorsichtig über die am Boden liegende Jamena hinwegsteigt. Unter großem Applaus verlassen die vier die Manege; die afrikanische Elefantin schwenkt in ihrem Rüssel zum Abschied ein rotes Tuch.

Nach dem Finale, zu dem alle Akrobaten noch einmal in die Manege gekommen sind, um sich feiern zu lassen, findet die Rahmenhandlung ihren Abschluss: Der Mann auf der Parkbank wacht auf – und wird zum Zirkusdirektor ernannt.

alg/Fotos (3):Circus Carl Busch /Stefan Nolte