Rauchen und Stillen – Wann Mütter Hilfe brauchen

Stillen ist gut für den Säugling, Rauchen ist schlecht für alle Beteiligten, auch später im Leben. So viel steht fest. Wie hängen aber Stillverhalten und Rauchverhalten der Mutter zusammen? Aus zahlreichen Studien ist bekannt, dass rauchende Mütter seltener beginnen und auch früher wieder aufhören zu stillen als Nichtraucherinnen. Hier wurde aber meist nur das Rauchverhalten vor oder während der Schwangerschaft betrachtet. „Dabei wird eine ganz wesentliche Gruppe von Müttern vernachlässigt, nämlich diejenigen, die während der Schwangerschaft und auch während der Stillzeit auf das Rauchen verzichten.“, so PD Dr. med. Jon Genuneit vom Institut für Epidemiologie und Medizinische Biometrie der Universität Ulm, der Leiter der Ulmer SPATZ Gesundheitsstudie.
In einer Arbeit, die kürzlich in der international renommierten Fachzeitschrift Nicotine & Tobacco Research publiziert wurde, widmeten sich die Ulmer Forscher nun genau diesem Thema. In Deutschland beginnen mehr Mütter nach der Geburt Ihres Kindes mit dem Stillen als in anderen europäischen Ländern. Im SPATZ waren es immerhin fast 95%. Auch hier zeigte sich, dass starke Raucherinnen seltener anfingen zu stillen. Erstmalig wurde aber auch herausgearbeitet, wie lange Mütter, die im Jahr vor der Schwangerschaft geraucht hatten, ab­stinent blieben und stillten.

70 Prozent werden bald rückfällig
„Immerhin 57% der Raucherinnen verzichten während der Schwangerschaft und in den ersten Lebenswochen des Neugeborenen auf das Rauchen. Das ist ja ein enormer Anteil von Frauen, die eine extrem hohe Motivation für den nachhaltigen Rauchverzicht haben.“ Während es viel Aufklärung für den Rauchverzicht während der Schwangerschaft und auch einige strukturierte Hilfsprogramme hierfür gäbe, würden die Mütter nach erfolgreichem Verzicht während der Stillzeit dann eher alleine gelassen, so Genuneit weiter. Das sei fatal, denn die Daten aus dem SPATZ zeigen, dass 70% der Mütter, die den Ausstieg über die Schwangerschaft und einige Zeit danach – also über Monate – geschafft hatten, innerhalb der ersten zwei Lebensjahre des Babys wieder rückfällig werden. Dabei erreichen die Mütter schnell die vor der Schwangerschaft gewohnte Dosis, also die gerauchte Anzahl von Zigaretten pro Tag.

Junge Familien begleiten
Der Beginn des erneuten Rauchens steht hier vermutlich mit der Beendigung des Stillens in Zusammenhang. Die dann auftretende Passivrauchbelastung des Neugeborenen über die Atemluft aber auch über die Haut der Mutter oder die Kleidung könnte möglicherweise verhindert werden. Dabei kann die Motivation der Mutter zu längerem Stillen aber auch der häufige Kontakt zu Akteuren im Gesundheitswesen, wie etwa Hebammen und Kinderärzten, hilfreich sein. Die Daten des SPATZ zeigen, dass zunächst die ersten Wochen nach Geburt für einen nachhaltigen Rauchverzicht entscheidend sind. Dann allerdings dürfen auch die Mütter nicht vergessen werden, die nach sechsmonatigem Stillen noch rückfällig werden; das sind immerhin 20%. Auch rauchende Väter und Lebenspartner müssen in diese Überlegungen miteinbezogen werden. Der Schlüssel zum erfolgreichen Rauchstopp liegt in der Begleitung von jungen Familien, die in erster Linie die Gesundheit ihres Kindes im Sinn haben.
In die Ulmer SPATZ Gesundheitsstudie wurden von 2012 bis 2013 über 1.000 Neugeborene, die in der Universitätsfrauenklinik Ulm zur Welt kamen, mit ihren Familien aufgenommen. Ziel der Studie ist die Untersuchung von chronischen Erkrankungen im Kindesalter. Einen Überblick über die Ulmer SPATZ Gesundheitsstudie und erste Ergebnisse gibt der Internetauftritt auf www.ulmer-forschen.de. Dieser wird durch Sponsoring der Beurer GmbH ermöglicht. Die Studie an sich wird derzeit aber von der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm selbst finanziert.