Unser Austausch mit ALLEF im Jahr 2019/2020

Ein Jahr lang haben die beiden heute zehnjährigen Mädchen Zoey-Isabeau aus Blaubeuren und Kiara aus der Nähe von Le Havre in der Normandie zusammengelebt, erst ein halbes Jahr in Frankreich, dann ein halbes Jahr in Deutschland. Vermittelt und betreut wurde der Austausch vom Verein Allef in Ulm, auf den die Eltern über einen Bericht in „Kinder in der Stadt“ aufmerksam geworden waren. Hier berichten Sie über ihre Erlebnisse und Erfahrungen mit dem Austausch.

Im Spätsommer 2018 fanden wir in der Zeitschrift „Kinder in der Stadt“ eine kleine Annonce mit Werbung von ALLEF e.V. für einen Austausch nach Frankreich für Kinder von 8-10 Jahren. Spannend. Für uns Eltern. Unsere Tochter Zoey-Isabeau damals 8 Jahre alt, käme da sicher nicht in Frage. Sie kannte zwar schon einiges in Frankreich auf Grund einer jahrzehntelangen Freundschaft der Eltern nach Rouen in der Normandie, aber ein halbes Jahr weg von zu Haus, das war nicht vorstellbar. Trotzdem haben wir sie gefragt. „Oh! Toll! Das möchte ich machen!“

Da saßen wir dann doch etwas verblüfft da. So kannten wir unsere Zoey-Isabeau gar nicht. Also haben wir ausführlich über einen solchen Austausch gesprochen. Sie hat ihre Meinung nicht geändert, wobei England natürlich besser wäre.

So nahmen wir Kontakt mit ALLEF e.V. auf und erhielten Infomaterial und die Einladung, im Oktober am ALLEF-Treffen in Berlin teilzunehmen (verpflichtende Voraussetzung für den Austausch).

Vorher ging noch unsere Kurzbewerbung raus und dann kam schon das Treffen in Berlin.

Wie viele Kinder da rumwuselten! Wir haben erst einmal geschaut und erste Gespräche „belauscht“ und dann selbst gefragt. Von der Runde auf der Bühne, wo sich alle Kinder, die im Austausch waren oder denselben schon absolviert hatten vorstellten und vom Austausch berichteten, waren wir sehr angetan. Was für Erlebnisse! Und dann auch noch die Sprache lernen! Wir waren so begeistert, dass nun das „Austausch-Projekt“ Frankreich gestartet wurde.

Dies bedeutete viele, viele Seiten einer Auskunft auszufüllen, Bilder herauszukramen und alles zusammenzustellen.  Glücklicherweise waren wir erst kurz zuvor mit unseren Freunden bei Ambois zu einer Schlössertour gewesen und hatten so viele schöne Fotos, um Zoey vorzustellen.

Nun hieß es warten. Würde eine Gastfamilie in Frankreich passen? Sind sie sympathisch und würden wir der anderen Familie unsere kleine Zoey-Isabeau anvertrauen?

Zuerst kam ein Anruf, dass eine passende Gastfamilie gefunden sei und dann folgten die Unterlagen der Gastfamilie. Nett, sympathisch. Passt das?

Nach dem Übersetzen der umfangreichen Unterlagen verstärkte sich das positive Gefühl, dass das mit dem Austausch klappen könnte.

Nachdem auch die französische Familie ebenfalls Interesse bekundet hatte, nahmen wir Kontakt auf und vereinbarten gleich einen Besuch in Angerville L`Orcher in der Nähe von Le Havre in der Normandie.

Vom 21. bis 23. Juni waren wir dann zu Besuch bei Kiara.

Unser Eindruck war sofort: ALLEF darf sich einen weiteren großen Stern an die „Brust“ heften. Wir wussten auch nicht, wie ALLEF das gemacht hat, aber die Familien passten dermaßen gut zusammen. Das war schon fast unheimlich.

Wir Eltern haben uns sofort verstanden – Kommunikation in Englisch und ein wenig Französisch. Das hat sehr gut geklappt.

Kiara und Zoey hatten sich ja bereits im Vorfeld schon aufeinander gefreut.

Als wir in der Normandie ankamen, war Kiara noch in der Schule. Wir haben sie dann zusammen abgeholt. Nach kurzer Verlegenheit waren die Kinder schon beim Spielen und Toben. Mit Rennen und Kreischen und viel Gelächter haben sie zueinander gefunden. Sie sind sich sehr ähnlich und waren die ganzen zwei Tage unzertrennlich. 

Am Samstag war ein Schulfest. Hier konnten wir die Schule besichtigen und mit der Direktorin und Klassenlehrerin sprechen. Alle sind sehr aufgeschlossen und interessiert gewesen.

Zoey und Kiara waren nun natürlich erst einmal die „Stars“.

Aber dann mussten wir wieder die Heimreise antreten. Da gab es schon im Vorfeld viele Tränen. Zoey wäre am Liebsten gleich dort geblieben. Aber nun kam die französische Familie zwei Wochen später erst einmal zum Gegenbesuch und es war geplant, dass Zoey rechtzeitig zum Schulanfang in Frankreich sein würde. 

Dann kam die ganze Familie in Blaubeuren an.

An diesem Wochenende war in Seissen das berühmte Backhausfest. Das war eine gute Gelegenheit, unsere Gäste mit den Schwäbischen Spezialitäten vertraut zu machen. So kam alles auf den Tisch, was es gab, angefangen mit Schweinshaxe bis zum Blatzerblatz. Das hat natürlich alles gut geschmeckt. Dazu noch die Musik des Seissener Musikvereins. Auch die Schule konnte noch besichtigt werden. So hatten alle eine Vorstellung, wie Kiara dann lernen würde. Ein schöner Tag für uns alle.

Ulm durfte im Programm ebenso wenig fehlen wie der Besuch des Blautopfes. Während in Ulm das Rathaus und das „Schiefe Haus“ bewundert wurden, waren es in Blaubeuren das nette Städtle und die Farbe des Blautopfes. Abends wurde dann noch beim Grillen und einem guten Tropfen im Garten gechillt, während die Kinder sichtlich viel Spaß hatten. Als die Familie abfuhr, war klar: Der Austausch kann beginnen!

In der Nacht vor der Abreise am ersten Augustwochenende kamen dann die Zweifel. Schaffe ich das? Und was, wenn nicht? Doch lieber zu Hause bleiben oder fahren? Aber am nächsten Morgen war die Vorfreude und die Sehnsucht auf das Abenteuer wieder da. So ging es los nonstop von Blaubeuren bis kurz vor Le Havre. Bei der Gastfamilie blieben wir Eltern auch noch für eine Nacht.

Am nächsten Vormittag kam die Familie von Kiaras Freundin Gaja (sie macht inzwischen auch einen Austausch über ALLEF) und holte beide Kinder (Kiara und Zoey) ab. Sie wollten nach Le Havre an den Strand. Kiara legte Zoey die Hand um die Schulter und dann gingen alle nach vorheriger Verabschiedung zum Auto und fuhren weg. Der Moment traf uns als Eltern dann schon ganz schön hart. Unser Kind für ein halbes Jahr in Frankreich und wir fahren alleine wieder nach Blaubeuren. Zur Ablenkung legten wir einen Zwischenstopp bei unseren Freunden in Rouen ein. Dann waren wir wieder zu Hause und mussten mit der neuen Situation klarkommen.

Zoey hatte am 2. September 2019 gleich ihren ersten Schultag in Frankreich. Am Wochenende dann das erste Telefonat nach Hause. Sie hatte doch mehr Heimweh als gedacht. Die Gastfamilie hat sich viel Mühe gegeben, dass Zoey sich wohlfühlt – aber sie war doch fremd.

Eingewöhnung

Zoey hatte hohe Erwartungen (auch an sich selbst), die sicher nicht in der ersten Woche erfüllt werden konnten. Sie hat berichtet, dass sie sich in der Schule langweilt. Dass sie nichts versteht, das wusste sie. Aber von neun bis wohl gegen 17.30 Uhr in der Schule zu sein und keine Anleitung oder Aufgaben zu erhalten, hat sie nicht befriedigt. Sie wollte lernen, sich aber nicht langweilen. Die Zeit in der Familie war dazu im Vergleich, abgesehen von den Wochenenden, sehr kurz.

Die Familie ist sehr lieb, hat auch in der ersten Woche mit den Kindern schon einiges unternommen. Zoey erwartete aber auch hier, dass mehr mit ihr gesprochen wird. Sie wollte jeden Tag in dem Lernbuch die vorgegebenen 20 Minuten arbeiten. Das hat jedoch nicht geklappt. Sie ist sehr ehrgeizig und war vielleicht auch sehr ungeduldig.

Nach Rücksprache mit ALLEF und einem Telefonat zwischen Julia und Zoey sah die Welt dann schon wieder anders aus. Zoey hatte bereits erste Freundinnen gefunden und sich selbst Aufgaben gesucht, die sie erledigen konnte.

Zoey hatte sich im Vorfeld sehr auf die gemeinsame Zeit mit der Familie gefreut. Der Tag sah dann leider meistens anders aus. Statt mit den Gasteltern hat sie die Zeit nach der Schule und auch manche Nacht bei der Oma Mamy Blue verbracht. Diese mochte sie anfangs überhaupt nicht! Sie wollte lieber in der Gastfamilie etwas machen. Aber am Abend waren die Eltern k.o. oder die Mutter kam erst wenn die Kinder schon ins Bett mussten. Da war Zoey sehr enttäuscht.

Zoey ist ein Kind mit vielen Talenten. Sie hat einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und ist sehr gewissenhaft in der Erfüllung und Einhaltung von Aufgaben und Absprachen. Dasselbe erwartet sie dann aber auch von ihrem Gegenüber.

Damit ist der Umgang mit ihr nicht immer einfach. Auf unsere Frage an die Gasteltern wie es ihnen mit jetzt zwei Kindern gehe, erhielten wir die Antwort: „anstrengend und ermüdend.“

Vielleicht hatten sich die Gasteltern das auch viel einfacher vorgestellt und waren nun ein Stück weit überfordert.

An den Wochenenden hat die Familie einiges unternommen. Ein Highlight in den Herbstferien war sicher der Besuch der ganzen Familie (17 Personen) in einer Ferienhaussiedlung. An den „normalen“ Wochenenden war die Familie zu einem Konzert und die beiden Kinder konnten samstags in der Regel reiten. Dann war Zoey immer sehr glücklich.

Dann neigte sich das Jahr schon wieder dem Ende entgegen und Zoey hatte die Halbzeit bereits hinter sich. Ihr ging es weiterhin gut und sie lernte fleißig die französische Sprache. Ihrer Aussage nach denkt sie auch schon französisch. Dafür fehlen zunehmend deutsche Wörter. „Wie hieß das doch? Sieht aus wie Brokkoli, ist aber weiß? – Ach so Blumenkohl!“ Da gäbe es sicher noch mehr Beispiele. Das ist dann schon sehr lustig gewesen.

Auch wenn die Mädchen ab und an stritten, so harmonierte es doch ganz gut. Sie waren wie echte Schwestern. Zoffen ist gut wenn man etwas möchte, aber wenn man zusammen Quatsch machen kann, dann aber bitte gemeinsam!

Bei Zoey ging es nun schon langsam auf die Zielgerade. Wie schnell die Zeit vergeht. Es ist erstaunlich wie gut Kinder in diesem Alter eine neue Sprache erlernen. Zoey hatte inzwischen Probleme, sich mit uns in Deutsch zu verständigen. Es fehlten nicht nur die deutschen Wörter. Inzwischen waren es ganze Sätze und Zusammenhänge, die sie nur noch zögernd zusammen bekam. Wie sagte sie an einem  Samstag? „Deutsch kann ich nicht mehr richtig!“

Dafür klang das Französisch am Telefon so, als hätte sie nie etwas anderes gesprochen. Und das Schönste war, dass ihr die Sprache sehr viel Spaß machte. Inzwischen waren wir dabei, gemeinsam mit dem Gymnasium in Ulm eine Lösung zu finden, damit sie dort nahtlos weiter französisch sprechen könnte.

Ansonsten ging es ihr gut. Die Geschenke zu Weihnachten waren sehr üppig, da die ganze große Familie etwas schenkt. Dazu noch vor Weihnachten Disneyland Paris!

Mit ihrer Gastschwester versteht sie sich auch weiterhin sehr gut. Sicher zanken sie. Aber dann wird wieder viel gelacht und Quatsch gemacht. Darin sind die beiden Mädels echt gut. Weitere Freundinnen hat sie auch gefunden. Nun wird schon überlegt, wie man sich gegenseitig besuchen kann. In der Schule bereitete sie jetzt eine Präsentation über die Erde vor. Das würde sicher noch einmal ein Highlight kurz vor dem Abschluss.

Zum Abschluss gab es noch eine Abschiedsparty mit ihren ganzen Freundinnen. Auch die Schule stellte Zoey ein Zeugnis für die vierte Klasse aus. Es waren sehr gute Noten und eine besondere Würdigung der Rektorin insbesondere für die außergewöhnliche Fähigkeit, die französische Sprache so schnell und umfassend zu lernen.

Aber nun noch ein Telefonat und dann sollten wir schon wieder nach Frankreich fahren, um unser Kind nach sechs Monaten in die Arme zu schließen. Wir fuhren über Verdun und besuchten die Weltkriegsgedenkstätten. Trotz des vielen Grüns der Zeit von über 100 Jahren später konnte man die Greuel noch gut nachvollziehen.

Nach einer Übernachtung kamen wir am 21. Februar in Angerville L`Orcher an. Zoeys Wunsch war es, dass wir hupen, wenn wir in die Straße einfahren. Nur hat uns wohl keiner gehört. Aber wie wir auf dem Hof standen kamen alle angelaufen und Zoey konnte die Mama und anschließend den Papa nach langer Zeit wieder in die Arme schließen. Da flossen die Freudentränen!

Nun wurde uns das Zimmer gezeigt in dem viel, viel mehr Sachen standen, als Zoey vor einem halben Jahr mitgenommen hatte. Da waren die Geschenke (Playmobil), die sie zu Weihnachten erhalten hatte und die nun alle in das Auto passen sollten. Ein Glück, dass wir gerade ein größeres gekauft hatten!

Nachdem wir unser Zimmer bezogen hatten, trafen sich alle im Wohnzimmer. Auch Mamy Blue war gekommen. Wir hatten ein paar typische Sachen aus Baden-Württemberg und Deutschland mitgebracht. Auch das Geburtstagsgeschenk für Kiara gab es nun mit etwas Verspätung.

Im Anschluss gab es bis zum Abend lange Gespräche in Französisch und Englisch. Zoey durfte übersetzen. Wir waren baff, wie gut sie französisch gelernt hatte in den sechs Monaten!

Am nächsten Morgen ging es dann wieder nach Blaubeuren. Der Abschied fiel Zoey sehr schwer, ließ sie doch Kiara, deren Eltern, Mamy Blue und viele Freundinnen zurück. Gegen Abend kamen wir zu Hause an, und welche Überraschung: Da brannte Licht und die große Schwester Eileen-Viktoria war extra aus Berlin zum Empfang gekommen. Welch eine Freude!

Einen Tag später dann eine kleine Willkommensparty mit ihren Freunden aus der Schule und vom Sportverein.

Nun hatten wir noch eine Woche vor uns, bevor dann Kiara am 1. März zu uns kam. Am Spätnachmittag kamen sie an und sofort wurde das Zimmer von Kiara bezogen. Dann ging es schon wieder los zum Winteraustreiben. Am Abend war unser traditionelles Funkenfeuer auf dem Burren.

Nach der Rückkehr hieß es Schulranzen packen, am nächsten Morgen war der erste Schultag. Wir brachten sie alle in die Schule und in ihr Klassenzimmer. Die Kinder hatten sich schon sehr auf Kiara gefreut, hatten sie doch bereits im Februar einen Brief nach Frankreich geschickt und so erste Grüße an das fremde Kind gesendet. Der Abschied von den Eltern war kurz und schmerzlos, gab es doch jetzt so viel Neues!

Zoey war an diesem ersten Schultag gemeinsam mit Kiara in der Schule, da sie erst einen Tag später ihren ersten Schultag in Ulm haben sollte. So kam Kiara ganz gut zurecht. Mittags haben wir beide Kinder dann abgeholt. Nun begann für uns der Austausch richtig.

Zoey durfte noch ein, zwei Tage etwas mit Französisch aushelfen und dann begann auch für die Kiara das Projekt Sprache lernen. Sie hat sich sofort und ohne Probleme in unsere Familie integriert. Es war schon fast beängstigend, wie selbstverständlich sie von uns und allem „Besitz ergriffen“ hat. Aber mit ihrer Fröhlichkeit und Albernheit hat sie gleich dazu gehört und einen tollen Start gehabt.

Für die Zeit des Austauschs hatten wir ein tolles Programm geplant. Neben vielen sportlichen Aktivitäten wie Schwimmen bei der DLRG, Turnen im SV Suppingen hatten wir auch Besuche im Zirkus Krone in Ulm, den Besuch des Sommernachtstraums in München, Reiterferien, mehrere Urlaube sowie viele Ausflüge und Spiele geplant. Leider kam es dann ja anders.

Aber nun war ja erst einmal Schule und am Nachmittag die Betreuung. Die Kinder waren toll und haben Kiara den Einstieg leicht gemacht. Sie hat sich gleich sehr wohl gefühlt und wollte nun jeden Tag in die Betreuung. Dort konnte sie Hausaufgaben machen und den ganzen Nachmittag mit den Kindern spielen. Zoey kam aus Ulm immer erst am Nachmittag und musste dann noch Hausaufgaben machen. So konnte Kiara schnell Kontakte zu anderen Kindern knüpfen.

Das Turnen hat ihr viel Spaß gemacht. Da konnte sie rennen und zappeln. Es war richtig schön, ein so aufgeschlossenes Kind zu sehen. Bei uns zu Hause wurde nun viel gekichert und gelacht und Quatsch gemacht.

Aber dann kam CORONA!

Plötzlich war keine Schule mehr möglich, Sport musste ausfallen, alle Veranstaltungen wurden abgesagt und die Kinder mussten zu Hause bleiben. Nun hieß es den ganzen Austausch neu zu organisieren, Schule online von daheim aus zu gestalten und die Kinder zu beschäftigen. Welch eine Aufgabe bei zwei so temperamentvollen und lustigen Kindern. Zoey hatte ja das erste Schulhalbjahr am Gymnasium verpasst und nun sollte sie über Moodle und Zoom selbständig den aktuellen Stoff sich erarbeiten und das erste Halbjahr nachholen.

Kiara, die noch kein Deutsch verstand, musste von uns unterrichtet werden und die von der Schule vorgegebenen Aufgaben lösen. Während Zoey sehr schnell sehr selbständig, mit abnehmender Unterstützung ihren Rhythmus fand, war es mit Kiara deutlich schwieriger. Sie wollte lieber spielen und lachen und fröhlich sein. Aber es half nichts. Auch sie musste lernen. Die ersten Tage waren so anstrengend, dass sie mittags auf der Couch einschlief.

Aber wenn das geschafft war, dann haben wir viel gespielt.

Am 21. März 2020 hatten wir noch einmal richtig Schnee. Beide sind hinaus und haben eine Schneeballschlacht gemacht und sich im Schnee gewälzt. Kiara kennt von zu Hause keinen richtigen Schnee. Da ist das Wetter im Winter meistens schmuddelig. Dafür haben sie eine große Palme im Garten.

Im März hatten wir schon viele Tage schönes Wetter. Da ging es dann mit den Fahrrädern quer über die Alb. Das war für Kiara, die zu Hause kein Fahrrad hat und ziemlich ungeübt war, anstrengend. Aber das hat sie auch geschafft.

Nun war Ostern nicht mehr fern. Also wurde mit den Kindern gebacken und gebastelt. Da waren beide mit viel Elan und Freude dabei.

Zu Ostern kam Eileen-Viktoria aus Berlin zu Besuch und blieb dann wegen Corona über 6 Wochen bei uns. Sie hatte ihr eigenes Zimmer / Büro im Haus und konnte so ihre Arbeit im Homeoffice erledigen. Kiara, die immer gleich alle ganz toll findet, war natürlich begeistert, jetzt noch eine (große) Schwester zu haben.

Auch am Osterwochenende war schönes Wetter. So konnten die „Ostereier“ im Grünen gesucht werden. Was es da nicht für tolle Geschenke gab! Drachen für die Kinder und Inliner für Kiara. Das alles musste nun ausprobiert werden. Das Inlinerfahren ging nicht ohne komische Situationen und viel Gelächter ab. Kiara war sehr glücklich.

So schön die vielen Aktivitäten, die wir auf Grund unserer Wohnsituation auf dem Land immer in der freien Natur durchführen konnten, so öde war das Lernen am Vormittag. Aber sobald das geschafft war, klang wieder das Lachen der Kinder durchs ganze Haus. Kiara hat da sehr viel Freude und Fröhlichkeit in unsere Familie gebracht. Sie hatte nur ab und an etwas Heimweh, telefonierte immer am Wochenende und hatte bei uns viel Abwechslung.

Im Mai war es teilweise so warm, dass wir den Sprenger angemacht haben und die Kinder ein-zweimal im Freibad waren. In dieser Zeit haben wir wieder Radtouren und Spiele in der freien Natur gemacht. Ab und an kam Kiara mit in den Pferdestall und konnte Lennox putzen und streicheln.

Ein Besuch im Kletterwald in Laichingen, eine Fahrt zur Straußenfarm in Donaumoos, ein Besuch im Tiergarten Ulm und eine Wanderung zum Rusenschloss waren weitere Highlights.

Am 02. Juni hatte Zoey Geburtstag und durfte zwei Freundinnen zur Sommerrodelbahn nach Donnstetten einladen. Hier hatte die Kinder bei selbstgebackenen Muffins und rasanten Talfahrten einen tollen Nachmittag bei bestem Wetter.

In den anschließenden Pfingstferien fuhren wir ins Altmühltal und hatten einen Fassurlaub geplant. Ein riesiges Abenteuer! Eine Woche im Fass wohnen und schlafen. Aber das war nur nachts. Tagsüber wieder viele Unternehmungen: Besuch im Dinosaurierpark, Klettern im Kletterwald, Besuch einer Höhle und zum Abschluss noch ein Abstecher in einen Freizeitpark mit Speed-Bobbahn. Da waren die Kinder natürlich wieder voll dabei.

Kaum zurück, stand der nächste Ausflug an den Ammersee zu einer Großcousine von Zoey an. Hier konnten die Kinder bei bestem Wetter mit Amaya und Kianu Standuppaddel fahren und im See planschen und schwimmen. Als es wieder nach Hause gehen sollte, wäre Kiara am Liebsten dortgeblieben. So hat ihr der Nachmittag gefallen. Aber sie ist eh sehr leicht zu begeistern!

Mit Beginn des Juli ging es so langsam auf die Zielgerade. Wieder konnten wir uns über das tolle Wetter freuen. Dies bedeutete für die Kinder Freibad Blaubeuren. Aufgrund der Coronabeschränkungen war das Freibad nie voll, so dass das Planschen noch mehr Spaß gemacht hat. Bogenschießen und eine Kanufahrt auf der wilden Lauter durften auch nicht fehlen. Nun endlich hatten wir doch noch ein Highlight für die Kinder. Besuch im Legoland bei Günzburg. Einen ganzen Tag Achterbahn fahren, mit dem Boot in die Tiefe stürzen und all die anderen Attraktionen ausprobieren.

Im Juli hatten wir noch eine besondere Überraschung für Kiara. Wir fuhren mit den Rädern zu einem großen Feld in der Nähe des Reitstalls. Hier fuhren Heuwender und Traktoren herum, um das frische Heu in den Stall zu bringen. Zuerst schauten wir nur zu.

Plötzlich hielt einer der Heuwender an und der Stallbesitzer fragte, ob Kiara eine Runde mitfahren möchte. Da wurden die Augen ganz groß und strahlten. Fix war sie in die Fahrerkabine geklettert und ab ging es auf die nächsten Runden. Jedes Mal wenn sie bei uns vorbeikam, strahlte sie uns an. Nach einer Weile hieß es absitzen und dann kam schon das Fahrzeug zum „Päckle machen“. Auch hier durfte sie mitfahren und die Heuernte live erleben. So etwas hatte sie noch nie erlebt. Kiara hat gar nicht mehr aufgehört zu strahlen.

Nachdem das Fernsehen bereits im April schon zum Drehen dagewesen war, gab es nun im Juli die Fortsetzung über den Austausch der beiden Kinder. Da waren beide sehr stolz, im Fernsehen zu sein!

Für den letzten Monat hatten wir für beide Kinder eine Woche Urlaub auf einem Reiterhof am Bodensee geplant. Trotz Corona fand dieser statt, allerdings ohne Übernachtung. Da wir jedoch ca. 10 km entfernt für uns Eltern eine kleine Ferienunterkunft angemietet hatten, war das Problem Übernachtung schnell, wenngleich auf unsere Kosten gelöst. Statt einer Woche kinderfrei am Bodensee mit Chillen und Radfahren, hieß es nun die Kinder jeden Tag pünktlich zu 10 Uhr auf den Hof zu bringen und um 17 Uhr wieder abzuholen und für eine Kinderbespaßung am Abend zu sorgen. Auf 22 Quadratmetern zu viert mit Hund war es dann auch etwas eng. Aber auch das haben wir hinbekommen. Nur die beiden Mädchen wollten nun nach elf Monaten Zweisamkeit eigentlich mehr Freiraum und Abstand voneinander. Da gab es vermehrt „Zickenalarm“. Auch das legte sich dann wieder und wir konnten unter anderem nach Stein in der Schweiz fahren. Baden und Eisessen stand ebenfalls auf dem abendlichen Programm.

Nun noch einmal für eine Woche nach Blaubeuren. Jetzt hieß es Sachen packen für den großen Urlaub an der Ostsee in Boltenhagen. Bereits im Jahr zuvor hatten wir ein großes Reetdachhaus für zwei Familien gebucht. Auf dem Weg an die Ostsee hatten wir einen Zwischenstop mit Übernachtung in Potsdam-Babelsberg am Griebnitzsee eingeplant.  Nach guter staufreier Fahrt gab es am Abend ein schönes Essen am See mit Freunden. Am nächsten Vormittag kam Eileen-Viktoria aus Berlin und die Fahrt konnte weitergehen. So waren wir am frühen Nachmittag bereits vor Ort und holten die Schlüssel an der Rezeption. Kaum am Haus, da kamen auch schon Kiaras Eltern vorgefahren. Welch eine Freude! Lange wurde die Mama gedrückt. Der Papa etwas.

Nun die Autos leerräumen und alles ins Haus bringen. Schnell waren die Zimmer verteilt und jeder richtetet sich ein. Die restliche Zeit nutzten wir für einen Spaziergang in das Zentrum von Boltenhagen und am Strand wieder zurück. Nun konnten die Kinder schon einmal das Wasser der Ostsee an den Beinen spüren und am Strand entlangrennen. URLAUB!

Für die folgenden Tage hatten wir einen Plan gemacht, was wir alles anschauen könnten. Neben viel Strand und Eis haben wir natürlich auch Lübeck, Wismar und Rostock-Warnemünde unsicher gemacht. Auch bei Karls auf dem Erdbeerhof waren wir fast einen ganzen Tag. Hier konnten die Kinder wieder spielen und dann wurden noch leckere Sachen gekauft.

Nicht fehlen durfte eine gemeinsame Radtour mit den Rädern für je 4 Personen. Das ist immer lustig!

Abends Spiele und Grillen und dann kam auch schon der letzte Abend. Am 22. August fuhr jede Familie mit dem eigenen Kind wieder nach Hause. Was war Kiara traurig – wollte sie doch am liebsten in Deutschland bleiben! Nach einer langen Abschiedszeremonie stieg Kiara dann zu ihren Eltern ins Auto. Aber die Tränen liefen immer weiter.

Zurückblickend können wir sagen, dass dieser Austausch eine tolle Erfahrung für uns alle war. Die professionelle Vorbereitung und „familiäre Begleitung“ durch ALLEF e.V. hat uns die mit dem Austausch zu bewältigenden Anforderungen leichter bewältigen lassen. Vielen Dank!

Unser Kind konnte tief in das Leben der Gastfamilie mit allen Höhen und Tiefen eintauchen, hat gelernt die Sprache nach sechs Monaten fließend zu sprechen, hat neue Freunde gefunden, das halbe Jahr in der französischen Schule mit Bravour bewältigt und wichtige Erfahrungen für das ganze weitere Leben sammeln können.

Kiara hatte bei uns ebenfalls eine schöne Zeit mit vielen neuen Eindrücken und Freundschaften. Auch wenn es mit der deutschen Sprache nicht so geklappt hat, wie wir uns das vorgestellt hatten, so hat sie die Zeit der vielen Zuwendung und mannigfaltigen Aktivitäten sehr zu schätzen gewusst. Allzu gern wäre sie noch länger bei uns geblieben.

Für uns war es ein spannendes Jahr: unser Kind für sechs Monate loszulassen und unsere Tochter trotzdem in guten Händen zu wissen, die zweiten sechs Monate mit einem bis dahin unbekannten Kind in einer Ausnahmesituation (Corona) so in die Familie zu integrieren, dass auch für Kiara der Austausch ein Erfolg war. Für Kiara war es am Anfang nicht ganz leicht, mit unseren Regeln und dem Essen (sie hätte am liebsten nur Zucker, Nutella, Pizza und anderes Ungesundes gegessen) klarzukommen. Gemüse und dunkles Brot waren am Anfang kein geeignetes Nahrungsmittel. Zum Ende des Austausches hat sie auch fast alle unsere Speisen gern gegessen. Also eine große Erfahrung. Für Kiara war das halbe Jahr wie Urlaub. Ab mittags spielen und rumtollen. Während Zoey in der Regel immer sehr überlegt und eher zurückhaltend agiert, so ist Kiara das vor Freude und Lebenslust überschäumende Energiebündel. Wie oft hat sie uns alle zum Lachen gebracht und auch so unser Leben in dieser Zeit sehr bereichert.

So hoffen wir, dass beide Kinder auch noch nach vielen, vielen Jahren an die jeweilige Zeit im anderen Land und zusammen im eigenen Land denken und freundschaftlich verbunden sein werden. Till und Dörthe Kirsten

Info: Ansprechpartnerin für die Austauschorganisation allef ist Annette Handke-Vesely, zu erreichen unter www.allef.eu und info@allef.eu oder abends per Telefon unter 0731-69760.