Alltag und Freizeit ohne elektrische Energie, Gas und Öl: Interview mit Änne Matschewski

Wie schlimm kann es eigentlich werden, wenn im ganzen Land ein Viertel weniger Gas und Strom verbraucht werden sollen? Das fragen sich viele Menschen, seit unklar ist, wie lange Deutschland noch Gas und Öl (mit denen auch Strom erzeugt wird) von Russland beziehen kann. KidS-Redakteurin Almut Grote hat mit drei Frauen gesprochen, die sich noch an ein ganz anderes Leben erinnern.

Änne Matschewski ist mit 109 Jahren die älteste Ulmerin. Sie hat hier 1937 als Sportlehrerin beim SSV 1846 angefangen; eine nette Annehmlichkeit war für sie, dass sie den großen Duschraum für die Sportler nach Feierabend selbst benutzen durfte. Auch in ihrer Kindheit in Koblenz habe sie, obwohl es zu Hause eine Badewanne gab, gern „auswärts“ gebadet: „An der Schiffbrücke gab es kleine Häuschen, die hatten ein Gestell, das ins Wasser ging. Da konnten wir Kinder drin toben.“ Änne war der „Wildfang“ unter den sieben Kindern ihrer Eltern, immer in Bewegung, „immer im Weg“, wie sie sich lachend erinnert, und voller Ideen.

Änne Matschewski /Foto: alg

Die Schlafzimmer zum Beispiel waren nicht beheizt. Im Bett trugen die Kinder warme Socken; zusätzlich gewärmt hat sie eine Wärmflasche – normalerweise. Änne bevorzugte die Katze: „Ich hab die Katze gern mit ins Bett genommen. Das durfte ich eigentlich nicht“, verrät sie augenzwinkernd: „Deshalb habe ich die Katze abends im Nachtkästchen versteckt und erst rausgeholt, wenn es keiner mehr sah.“ Tagsüber hatte die Katze einen Lieblingsplatz am Wohnzimmerofen, der mit Holz und Kohle beheizt wurde, ebenso wie der Herd in der Küche. „Meine Brüder mussten immer die Kohlen aus dem Keller holen. Die Briketts wurden am Herd aufgestapelt.“

Schwer sei das Leben damals nicht gewesen, beteuert sie: „Ich hatte eine wunderschöne Jugend, vor allem durch meine Geschwister.“ Mit ihnen sie sie im Sommer durch die Gegend gestreift. „Wenn der Bauer nach der Ernte sein Getreidefeld in Ordnung brachte, haben wir die restlichen Ähren eingesammelt und zu kleinen Garben gebunden und damit Feuerchen gemacht auf dem Feld. Das war schön.“ Langweilig sei es ihr nie geworden: „Wir sind spazieren gegangen, haben Sport getrieben und Spiele gespielt wie Mensch ärgere dich nicht oder Domino.“