Es muss nicht immer Gymnasium sein

Die Vorschulkinder des Kindergartens Westerstetten haben sich zum Schulbeginn mit ihren Berufszielen fotografieren lassen. Foto: Julia Kugel

Berufsausbildung statt Studium, erst Aus-, dann Weiterbildung, Eintritt ins Berufsleben mit Lehre und ohne Abi: Für diese Wege werben die Industrie- und Handelskammern sowie die Handwerkskammern. Ihr Argument: Damit vergrößern junge Menschen ihre Chancen auf dem künftigen Arbeitsmarkt. Für die heutigen Viertklässler bedeutet das: Der Weg zum Abitur wird für viele schlicht ein Umweg sein.

Nach einer Prognose des Bundesinstituts für Berufsbildung werden zwischen 2015 und 2025 allein in Baden-Württemberg rund 10,5 Millionen beruflich qualifizierte Mitarbeiter die Unternehmen verlassen und voraussichtlich nur 7,5 Millionen Erwerbstätige mit gleicher Qualifizierung eintreten. Zugleich werden 3,1 Millionen Akademiker den Arbeitsmarkt verlassen, während 4,7 Millionen Menschen einen
akademischen Grad erreichen und erwerbstätig werden wollen. Fazit: In Baden-Württemberg werden bis 2025 rund drei Millionen beruflich qualifizierte Fachkräfte fehlen, während etwa 50 Prozent mehr Akademiker auf den Arbeitsmarkt drängen als ihn verlassen.
Ähnliche Tendenzen sagen die „Fachkräftemonitore“ der Industrie- und Handelskammern (IHK) in Baden-Württemberg und Bayern voraus, mit unterschiedlichen Ausprägungen für einzelne Branchen und Regionen. Schon 2022, also in vier Jahren, fehlen demnach allein in der IHK-Region Ulm (Stadt Ulm, Alb-Donau-Kreis und Landkreis Biberach) rund 16 000 Fachkräfte, im Bereich der IHK Schwaben, die auch für den Kreis Neu-Ulm zuständig ist, rund 33 000. Der Engpass ist damit in beiden Kammerbezirken jeweils etwa zehn Mal so groß wie bei den akademischen Berufen.
Das gilt auch für die in der hiesigen Region prägenden technischen Berufe: Allein im IHK-Bezirk Ulm werden rund 700 Ingenieure, aber rund 7000 beruflich Qualifizierte mit technischer Ausrichtung fehlen, die Hälfte davon in den Bereichen Metall-, Maschinen- und Fahrzeugbau. „Fachkräftemangel“ lautet die seit Jahren vorgetragene Mahnung und das Zukunftsszenario der Kammern und Wirtschaftsverbände, eine Folge vor allem der sich ändernden Altersstruktur
der Bevölkerung. Mit dem griffigen Slogan „Lehre macht Karriere“ hält die in Augsburg ansässige IHK Schwaben seit einigen Jahren dagegen.
Es ist ein mühsames Unterfangen (wie jeder Unternehmer weiß, der seine Ausbildungsstellen nicht besetzen kann), aber nicht ganz ohne Erfolg: Auch junge Menschen mit Hochschulreife interessieren sich zunehmend für eine berufl iche Ausbildung. Im vorigen Jahr ist im Bereich der IHK Ulm der Anteil der Abiturienten an den Azubis auf 27,5 Prozent gestiegen. „Immer mehr Abiturientinnen und Abiturienten nutzen eine Ausbildung als Sprungbrett in die berufliche Karriere. Das zeigt, dass die vielfältigen Karrieremöglichkeiten, die eine duale Ausbildung mit Hochschulreife eröffnet, immer mehr erkannt und genutzt werden“, freut
sich IHK-Hauptgeschäftsführer Otto Sälzle. Die praxisnahe Ausbildung in einem Unternehmen und eine anschließende Fortbildung ermöglichten schnelle und sichere Karriereschritte: „Genau diese Fachkräfte sind bereits heute und in Zukunft extrem gesucht“, so Sälzle.
Eine baden-württembergische Besonderheit ist die Duale Hochschule. Sie verbindet ein dreijähriges Studium und vermittelt gleichzeitig berufliche Erfahrung, indem die Studierenden Angestellte beim Dualen Partnerunternehmen sind. Die nächsten Standorte sind Heidenheim, Ravensburg und Stuttgart.

Wie eine glänzende Karriere aussehen kann, zeigen vier Beispiele im KidS-Bericht „Karriere mit Lehre“.


Berufsorientierung und Lehrstellenbörsen:
www.ulm.ihk24.de, www.lehre-macht-karriere.de (IHK Schwaben), www.hwk-ulm.de. Die Handwerkskammer informiert über freie Ausbildungsplätze
in der App „Lehrstellenradar 2.0“. Szenarien: www.ihk-fachkraeftemonitorbayern.
de, www.fachkraeftemonitoring-bw.de. Duale Hochschule Baden-Württemberg:
www.dhbw.de