Karriere mit Lehre

Karriere mit Lehre

Vier erfolgreiche Persönlichkeiten aus der Region erzählen hier von ihrer beruflichen Laufbahn. Alle vier haben zunächst die Hauptschule besucht und eine Lehre gemacht.

Eberhard Riedmüller: Start mit Bäckerlehre

Foto: privat

„Ich war ein fauler Schüler, habe alle Klassen und auch den Hauptschulabschluss nur grad so geschafft“, gibt Eberhard Riedmüller freimütig zu. „Ehrgeiz hatte ich höchstens auf dem Fußballplatz, und meine Freunde waren mir wichtiger als die Schule.“ Die Eltern machten ihm keinen Druck: „Die hatten mit acht Kindern auch so genug zu tun“, meint Riedmüller. Vielleicht war das sogar sein Glück, denn so konnte er einfach seinen Weg gehen. Der führte ihn zunächst in eine Bäckerlehre, denn „mit meinem Zeugnis gab’s nicht viel Auswahl. Das hat mir dann aber tatsächlich sehr gut gefallen, ich habe eine gewisse Leidenschaft entwickelt. Plötzlich war auch der Ehrgeiz da, und ich habe gleich im Anschluss Konditor gelernt.“ Das Café, mit dem er sich selbstständig machen wollte, bekam er zwar nicht; dafür bot ihm ein Bekannter an, seine Kneipe zu übernehmen, die nicht gut lief. So pachtete Eberhard Riedmüller 1979 das „Rebstöckle“ in Ulm. Nach zwei mageren Jahren kam ihm wieder der Zufall zu Hilfe: „Das Cityfest fiel aus, weil es in Strömen regnete, und ein Musikus namens Walter Spira kam in mein Lokal und fragte mich, ob er stattdessen hier ein bisschen Musik machen dürfe.“ Es wurde ein schöner, erfolgreicher Abend, der Riedmüller auf eine Idee brachte: Gemeinsam mit Spira gestaltete er das „Rebstöckle“ um zur Kleinkunstbühne „Die letzte Instanz“. „Das war damals komplett angesagt und im Trend“, erinnert er sich, „und ich habe relativ schnell ans Multiplizieren gedacht.“ Als nächstes eröffnete er das „Ulmer Brettle“, weitere Lokale wie das Vienna, das Theatercafé Cappriccio und die Nudeloper folgten; wie viele es genau waren, weiß Eberhard Riedmüller selbst nicht, „so 40, 50 werden es gewesen sein“, schätzt er. Viele hat er wieder abgegeben. Derzeit gehören ihm nach eigenen Angaben „um die 20 Betriebe, drei habe ich gerade verkauft, es kommen aber schon wieder drei neue“. Meilensteine waren für ihn der Kauf eines Hauses im Fischerviertel, um darin das Café Kulisse zu gründen, natürlich die Eröffnung der Barfüßer Hausbrauerei 1990 am Münsterplatz und vor sechs Jahren der Einstieg in die Hotellerie. Sechs Hotels gehören ihm schon, zwei neue sind gerade im Bau.

Seine Aussage „Materieller Erfolg wird überbewertet“ mag vor diesem Hintergrund etwas überraschend klingen. Doch es ist ihm ganz ernst damit: „Es macht mir einfach Spaß zu bauen und zu eröffnen. Ich könnte viel mehr bauen, habe unzählige Anfragen. Ich mache aber nur das, was mir Spaß macht.“ Er ist überzeugt: „Der wirkliche Erfolg kommt mit der Leidenschaft und der Freude an dem, was man tut. Wenn die Begeisterung geweckt ist, kommt er automatisch“. Naja, etwas Mut und das Vertrauen der Geldgeber brauche man auch, aber eines steht für Riedmüller fest: „Ein Handwerk gelernt zu haben, war für meine Selbstständigkeit sehr hilfreich.“

Ute Roth: Vom Büro zur Beratungsunternehmerin

Ute Roth. Foto: privat

Zu viele Fehler im Diktat hatten Ute Roth die Deutschnote vermasselt. Trotz ansonsten glänzender Noten im Viertklasszeugnis war damit der Weg in die Hauptschule festgelegt. Für die Familie war das völlig in Ordnung, erinnert sie sich: „Meine Eltern hatten auch nicht studiert.“ Im Hauptschulabschluss (AZug) erreichte sie einen Notendurchschnitt von 1,8 und machte erst eine Ausbildung zur Floristin und danach gleich noch eine zur Bürokauffrau.

„Ursprünglich hatte ich unbedingt etwas Gestalterisches machen wollen“, erklärt sie; „in der Lehre bin ich aber sozusagen aufgewacht und wollte weiterkommen.“ Während sie dann als Bürokauffrau arbeitete, bildete sie sich nebenher weiter mit Schwerpunkt Marketing und Vertrieb. Nach ihrer Heirat übernahm sie für ihren Mann, einen selbstständigen Maschinenbauingenieur, den gesamten kaufmännischen Bereich – „Buchhaltung, Bankverhandlungen, Businesspläne, die ganze Palette.“

Ein vorübergehender Umzug nach Kassel brachte eine neue Wende: Dort lernte Ute Roth bei einer ihrer Weiterbildungen die Inhaberin der Beratungsfirma Müller und Partner kennen und wurde dort selbst Seminarleiterin für Personal-und Organisationsentwicklung.

Zurück in Ulm, baute sie den Ulmer Standort von Müller und Partner auf. Nach zehn Jahren, mit sechs Mitarbeitern, wurde sie eine der vier Partner. Inzwischen war sie eine gefragte Expertin für Zeit- und Stressmanagement. Da war es nur konsequent, dass sie mit 50 ihre Geschäftsanteile verkaufte und sich mit ihrer eignen Firma „Roth und Kollegen“ selbstständig machte, um, wie sie sagt, „das, was ich schule, auch selbst zu leben: Ich wollte die Arbeit reduzieren und mich nicht mehr selbst ausbeuten.“ Das muss sie auch nicht mehr, hat sie mit einem Blick auf ihre Rücklagen festgestellt: „Ich bin 55 und könnte eigentlich jetzt schon aufhören zu arbeiten.“ Sie macht aber weiter, „weil ich Spaß daran habe.“

Margret Weirauch: Malermeisterin und Vergolderin

Margret Weirauch. Foto: Guido Klerx

„Es hieß immer, ich sei faul – aber eigentlich war nur die Schule einfach nicht mein Ding“, sagt Margret Weirauch. Auswendig lernen und Vokabeln pauken mochte sie nicht, kreativ gestalten dafür umso mehr: „Ich hab schon als Kind mein Zimmer umgestaltet und angemalt.“ Mit dem gerade noch geschafften Realschulabschluss bewarb sie sich auf alle möglichen gestalterischen Berufe, vom Schneider über Polsterer und Raumausstatter bis zum Sattler. Eingestellt wurde sie schließlich von einem Maler und Lackierer am anderen Ende der Republik: „Der war mit meinen Noten zufrieden, dem hat gefallen, dass ich gestalterisch ein Händchen hatte.“ In der Berufsschule hatte sie dann durchgängig die Note 1 in allen Fächern. Mit einem exzellenten Abschluss bekam sie eine Stelle bei einer renommierten Firma in Stuttgart, qualifizierte sich zur Maler- und Lackierer-Meisterin und erwarb hohe Kompetenzen auf dem Gebiet der Vergoldung.

Nach der Geburt ihres Sohnes 2011 und dem Umzug nach Ulm 2012 ließ Margret Weirauch es etwas langsamer angehen. 2015 bekam sie ihre Tochter, und 2016 startete sie durch als selbstständige Malermeisterin. Neben einem vollen Auftragsbuch ist sie auch als Gutachterin und Expertin für Vergoldungen überregional sehr gefragt.

Erst 37 Jahre jung, hat Margret Weirauch schon über 20 Jahre Berufserfahrung. Sie war schon mit 26 eine erfolgreiche Geschäftsfrau – in einem Alter, in dem manche Studenten gerade ihre ersten Schritte ins Berufsleben machen. Dass sie ihre Weiterbildungen selbst bezahlen musste, macht ihr nichts aus: „Im Handwerk habe ich von Anfang an richtig Geld verdient. Wenn man sich dann noch ein bisschen auskennt mit Sparen und Anlegen (noch so etwas, das man in der Schule nicht lernt!), hat man bald eine gute Basis, mit der man sich auch die Weiterbildung finanzieren kann.“

Tobias Deubler: Meister und Betriebswirt

Tobias Deubler. Foto: privat

Tobias Deubler aus Achstetten begann 1998 mit 15 Jahren eine Lehre zum Verfahrensmechaniker im Bereich Kunststoff- und Kautschuktechnik bei der Firma Diehl Aircabin GmbH in Laupheim. Zuvor hatte er die Hauptschule mit Werkrealschule besucht, „weil mein Notendurchschnitt in der Vierten nicht für die Realschule reichte.“ In der Gesellenprüfung glänzte er dann aber mit einem Durchschnitt von 1,8. Sein Lehrherr stellte ihn sofort unbefristet ein. Nach zwei Jahren musste Tobias Deubler für neun Monate im Rahmen des Grundwehrdienstes zur Bundeswehr. Dort nutzte er das Angebot, sich in der Abendschule auf die Ausbildereignungsprüfung vorzubereiten. Über diese Zusatzqualifikation freute sich bei der Rückkehr sein Arbeitgeber und machte ihn zum Ausbilder. „Da wollte ich dann aber auch den Meister haben für das Fach, in dem ich ausbilde“, erzählt Tobias Deubler. Für die Meister-Abendschule fuhr er dreimal pro Woche nach Donaueschingen – und bildete sich nach der 2006 bestandenen Meisterprüfung von 2008 bis 2010 bei der IHK Ulm weiter zum technischen Betriebswirt. Er hat das mal zusammengerechnet: „72.000 Kilometer bin ich für diese beiden Weiterbildungen gefahren.“ Mit diesem Studienabschluss in der Tasche, wechselte er 2010 in die Abteilung Lieferantenentwicklung im Bereich des Einkaufs. In seiner Funktion als Luftfahrtauditor achtet er darauf, dass die Prozesse bei den Zulieferern eingehalten werden. „Meine Aufgabe“, erklärt er, „ist es im Prinzip, dafür zu sorgen, dass wir nur einwandfreie Teile angeliefert bekommen um so den Sicherheitsstandard der Luftfahrt erfüllen zu können.“